03.09.17 - Passage 68°27,32 N 166°53,43 W
Das Russentief ist uns glücklicherweise nicht näher gekommen. Im Gegenteil, es scheint sich gegen ein Tief über SW Alaska nicht durchsetzen zu können. Für uns heißt das kein Sturm von Süd (gut) sondern schwache Winde von vorn (kein Segeln). So endete heute um 05:35 eine Segelstrecke von 436 sm.
Für Landausflüge können wir diese Schwachwindphase nicht nutzen. Es gibt zwar zwischen Point Barrow und Nome einige Stationen zur Verladung von hier gehobenen Rohstoffen, „Häfen“ sind das aber nicht. Die kleinen Ortschaften der indigenen Bevölkerung liegen meist hinter ganz flachen Lagunen und sind auf Tourismus, zumal wasserseitigen nicht eingerichtet. Auch wenn die mit der Wanderung der Wale in ihre Sommerreviere im Pazifik beginnende Küstennahe „Subsidienz Jagd“ sicherlich eindrucksvoll sein könnte.
Das nächste größere besiedelte Gebiet, die Bucht von Kotzebue, hat eine so flache Küstenlinie, dass selbst die Handelsschifffahrt mehrere Meilen weit vor der Küste ankert und mit Leichtern entladen wird. Nome, gut 600 sm südlich von Point Barrow, ist tatsächlich der erste richtige „Hafen“.
Dorthin drücken wir weiterhin mit Macht. Die Kombination des Nordpolarmeeres mit zwei großen Permafrostgebieten (Sibirien und Alaska) östlich und westlich der Bering See stehen nicht für entspanntes herbstliches Segeln. Wir wollen noch im Sommer die Aleuten queren und auf die Südseite Alaskas kommen.
In diesem Jahr war die Querung von Ost nach West von Wetter und Eis begünstigt. Psychologisch bleibt die andere Richtung aber vorne: Die von Westen kommende SY Freydis schickte eine Mail aus der Disko Bucht, einem der schönsten Flecken der Erde, während wir entlang einer unwirtlichen, im wesentlichen konturenlosen Küstenformation versuchen, dem aufkommenden arktischen Winter zu entgehen.
Wir freuen uns, bald wieder an Land gehen zu können. Seit Cambridge Bay, haben wir kurz in einem menschenleeren Loch geankert und an ein paar alten, verlassenen Hütten einen Sturmabgewettert. Man muss sich das einmal auf der Karte ansehen, wie abseits vom Schuss das hier ist.
Meine Frau sagt ja immer „selbst gewählt“ und ich beklage mich auch gar nicht. Im Gegenteil, das Erfahren der Dimensionen dieses Teils der Erde ist sehr spannend. Aber nach etwa 1.800 sm im grauen Norden ohne Menschen und 3.400 sm ohne Möglichkeit, irgendwo abends zu sitzen und ein Bier zu trinken (der kanadische Norden ist „dry“ und den Boden von Alaska haben wir noch nicht betreten können), wird die Vorstellung, ‚mal wieder einen Abend „normal“ an Land zu verbringen, durchaus zwanghaft.