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12.07.17 - S von Claushavn, 68°02,70 N 051°06,80 W

Der gestrige Abend mit entspanntem Segeln in der Abendsonne hat ein positives Zeichen für diese Reise gesetzt. Nachdem der Frühnebel (wegen der „Hitze“) sich verzogen hatte, glitten wir wieder unter Code 0 und Groß über das nahezu spiegelglatte Wasser. Auf geradem Weg nach Claushavn am den Südrand des Ilulisaat Eisfjords, zwischen den „Grünen Inseln“ im Süden der Disko Bay hindurch.

 

Der Tag entwickelte sich familienfreundlich. Spät losfahren, mittags ankern, abends entspannt ankommen. Nur, dass ich mich dazu natürlich nicht ganz freiwillig entschieden habe. Die Windabdeckung bei der Durchfahrt zwischen den Inseln erforderte die Hilfe des Motors mit ungeahnten Folgen. Der Motor gab Alarm, so dass wir eine Zwangspause einlegen mussten. „Lunch“ in der Ankerbucht auf den Grünen Inseln war also eher ein Notfall, denn Einsicht. Während Eeuwe das Problem beseitigte, servierte ich Kabeljau Sushi. Nach zwei Stunden war das Thema und Sushi gegessen und wir wieder auf dem Weg zum Eisfjord. Netterweise hatte der Wind leicht gedreht, so dass wir den nach den Grünen Inseln leicht nördlicheren Kurs noch entspannter unter Code 0 und Groß segeln konnten.

 

Die Eisberge machten uns Freude. Sie waren zahlreich, groß und nah, doch keiner auf der Kurslinie. Graduell änderte sich das Bild. In Aasiaat lag hier und da ein kleiner Eisberg in einer Bucht, gestrandet und auf dem finalen Weg zur Anreicherung des Meeresspiegels. Gestern dann verstreut größere Eisberge an jeder Ecke. Im Verlauf des heutigen Tages immer mehr im Norden, zwischen uns und der Disko Insel. Eine Perlenkette grauer Giganten auf dem Weg vom Ilulisaat Eisfjord zur offenen See. Viele gestrandet, einzeln oder in Gruppen entlang der Tiefenlinien der Disko Bay. Gegen Abend immer deutlicher ein dichtes Band dieser Riesen fast in Zielnähe. Bis wir erkannten, dass das nicht das frühe Ende, sonden der Anfang derer monatelanger Reise war.

 

 

Zwischen der Felsenküste öffnete sich der Ilulisaat Eisfjord mit dem Kujalleq Gletscher, mit 8,6 Kilometern der im Jahr am stärksten schiebende Gletscher der Welt. Aus diesem Maul quillt ununterbrochen ein wild gezackter Eisbergteig, der wie eine Zunge in die Disko Bay hängt. Von hinten drückt der Gletscher diesen Teig über die Endmoräne und bricht das Gletschereis in „kleine“ Stücke. Wie ein gefällter Baum, an dessen Ende bereits Kaminholz gehackt und unsortiert liegen gelassen wird. Von diesem kurz und „klein“ geschlagenen Eispanzer lösen sich einzelne Eisberge und ziehen gemeinsam nach Westen, bis sie sich, von Strömung und Wind getrieben, ihren eigenen Weg suchen. Anders als im letzten Jahr, an der Ostküste Grönlands vor dem Helheimgletscher, als wir bei völliger Windstille zwischen den ruhig treibenden Riesen den Weg zur Gletscherzunge suchten, lädt das nicht ein. Es ist zu groß. Diese große graue Masse vor uns, die sich langsam auf uns zuschiebt! Respektvoll suchen wir uns einen Ankerplatz südlich von Claushavn, an dem wir wegen dessen geringer Tiefe keinen unerwarteten Besuch durch einen unfreundlichen Eisklotz bekommen können. Statt Fernsehen ganz nah ein unglaubliches Naturschauspiel zum Einschlafen.