Seite auswählen

13.08.17 – Depot Bay, 72°00,58 N 094°13,64 W

In den Beschreibungen der Ankerplätze wird immer wieder formuliert „kann sich bei XX-Wind schnell mit Eis füllen. Neu Ankern kann mit sehr kurzer Ankündigungszeit notwendig werden“. Auch über unsere gegenwärtige Warteposition, die Depot Bay, ist Entsprechendes zu lesen.

 

Allerdings ist hier praktisch kein Eis zu sehen. Seit wir hier sind ist das wenige Eis vom Nordwind vollständig aus der Bucht geblasen worden. Auf Sicht kein Eis, nur in der Ferne der eine oder andere Brocken.

 

Dann drehte der Wind auf Süd. Aber nichts war zu sehen. Ein paar Brocken Eis krochen mit der Strömung um die Ecke und begannen ihre Reise rund um die Bay. Während der Nachtmittagsruhe an unserem Ankerplatz mitten in der Bay ein vernehmlicher Rums. Morning Haze und ein sehr großer Flow (etwa 100 x 50 m) hatten Kontakt. Die Ankerkette verschwand unter dem Flow. In der Kette kein „Slack“ sondern stramm. Das war also gemeint. Die Bucht war zwar nicht gefüllt; unser Fußballfeld aus Eis war das einzige erwähnenswerte Stück. Das allerdings lag genau über unserem Ankern und der Kette und drückte gegen unseren Bug. Zwei Varianten waren denkbar: Die Scholle dreht nach Lee und gleitet an uns vorbei oder nach Luv und drückt uns (und unser Unterwasserschiff) weg. Diese Variante war not to our liking, denn diese flache Stück Eis hatte Unterbau. Etwa drei bis fünf Meter unter Wasser ragte dieser unter der Wasseroberfläche über den oberen Schollenrand hinaus. Unsere Strategie, Kette geben und im Rückwärtsgang nach Luv ausweichen ging auf. Zwei, drei mal hin und her und wir waren frei.

 

Die Scholle dankte es uns trieb ungebremst in die Bucht hinein – auf die dort ankernde nächste Yacht zu. Ein Kunststoffboot. Nachdem wir die Crew per Funk alarmiert hatten, wurde die Lage dort schnell eng. Zum Aufholen des Ankers war keine Zeit mehr; die vorhandene Kettenlänge lies es nicht zu mit ausgeworfenem Anker an die Ketter auszuweichen. Das Manöver der Wahl, Ankerkette mit zwei Fendern „sichern“ und abwerfen wurde zum Glück nicht nötig. Nachdem wir frei waren, konnten wir mit unserem Bug der Scholle genau den Stupps versetzen, den sie brauchte, um an der anderen Yacht vorbei trieb.

 

Lesson learnt: Es kommt schneller anders als man denkt. Die Sicherheitsreserve ist schmal. Danke an den Aluminiumrumpf und die Entscheidung, die 70m Kette gegen 120m auszutauschen.