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15.08.17 – Passage, 71°43,30 N 095°49,04 W

Ich erwähnte schon die bedauerliche Schwäche der Eis-Informationen: Es fehlt der „Morgen“ Button. Auf der Suche nach dem ultimativen Vorhersagetool hat Benedict das Daumenkino in die Eisanalyse eingeführt: man schaut ganz schnell hintereinander die Eiskarten der letzten Tage an und leitet daraus den Trend ab. „Es bewegt sich, im Süden geht es auf! Das Tor öffnet sich!“

 

Doch der Reihe nach. Die Schrebergartenkolonie „Depot Bay“ verabredete sich zum gemeinsamen morgendlichen Eis-Chat (Nauta D und wir in unserem Häuschen). Anschließend trafen wir uns (Alkahest, Nauta D und wir), nach einem kurzen „Hallo“ zu den „Neuen“ (Russen aus Toronto), zum gemeinsamen Spaziergang mit Blick auf die Bellot Strait („Da ist kein Eis!“ „Doch da!“ „Ja, aber nicht am anderen Ende, sondern nur (?!?) mittendrin.“ „Hm, Hm.“ „Ich kann gar nichts erkennen.“) und schließlich zur Lagebeurteilung mit neuer Eiskarte bei uns an Bord.

 

Ich hatte allerdings auch ein wenig nach Osten geschaut; nicht viel Eis, aber das auf großer Fläche. Die Bellot Strait ist eng, sehr eng. Und der Wind kommt aus Ost. Da macht auch wenig Eis schon einen Unterschied. Ich will jetzt weg. Nicht, dass sich dieses Tor vor uns schließt. An Bord dann die Eiskarte. 2/10 bis Tasmanian Islands, zwei Barrieren von 5/10 (Gibson Island) bzw 7/10 (Tasmanian Islands). UBs Fotos, die ich so interpretiere, dass an der Westküste der Boothia Peninsula die Sicherheitsmarge der aktuellen kanadischen Eiskarte groß sein muss. Stabiler Ostwind für zwei bis drei Tage. Das Daumenkino. Wir müssen weg.

 

Etwas Druck auf Alkahest und Nauta D, sich mit dem Abholen der elektronischen Dokumente zu beeilen. Und weg sind wir. Nauta D 15 Min nach uns, Alkahest 45 Min nach uns. um 18:00 passieren wir Magpie Rock, eine der „großen“ Stromschnellen. Slack Water (der Moment, in dem zwischen Ebbe und Flut der Strom zu stehen scheint; wie ein in die Luft geworfenen Ball für einen Augenblick am Scheitelpunkt still steht) verpassen wir um eine Stunde. Der Strom schiebt kaum, äh mit drei, äh mit vier Knoten – kein Wind, kein Eis, kein Problem. Mit mehr als 11 Knoten über Grund schießen wir dahin, schneller als der Strom. Nach zwanzig Minuten überqueren wir die sprudelnde Tidenkante und fahren im stillen Wasser.

 

Gerade rechtzeitig, denn da wartet unser erster Eisbär auf der Scholle; wir opfern fünfzehn Minuten, um uns in Fotoposition zu bringen. Aber Petzi hat keine Lust auf Modelling und wir finden „okay, schön, der erste Eisbär“, aber so ein vielleicht zwei Jahre junges, gerade zum Sebststudium von Mami weggeschicktes (das Zimmer wird gebraucht) Jungtier erlaubt uns zwar den Haken „Eisbär gesehen“, aber das große Kino muss noch kommen.

 

Kommt: Nachdem wir den wenig beeindruckenden nördlichsten Punkt des amerikanischen Festlandes passiert haben, schiebt der Strom das flotierende Eis zu einem Riegel zusammen. Während wir nach der Durchfahrt suchen, passt Mami Eisbär auf der Scholle misstrauisch auf, dass wir Baby Eisbär nicht zu nahe kommen. Weil wir wegen der Enge der Bellot Strait wenig Wahl haben, müssen wir ihr aber immer näher kommen. Sicherheitshalber legen wir die Mauser bereit … Doch Mami sieht, dass wir größer und nicht alleine sind; Nauta D taucht neben uns auf. Jetzt will sie weg. Klein Petzi bekommt ein wenig Streß-Durchfall. Sorry, aber wir haben es auch nicht einfach.

 

Schwupps durch, tolle Fotos. Noch ein wenig rrrrrrrrrrrrrrrr und schon liegt die Bellot Strait hinter uns. Kein Wind, der erste Sonnenuntergang (es bleibt aber ausreichend hell, um die Nacht durchzufahren). Der Eisriegel bei Gibson Island scheint überwindbar. Hoffen wir, dass der Riegel bei Tasmanian Island ebenfalls Vergangenheit ist.

 

Der Scheitelpunkt der NWP rückt näher.

 

Kaum passiert ‚mal was, redet er ununterbrochen :-))

 

Während ich das abschicke, sind wir nur noch 20 Meilen N von Tasmanian Island. Das wird jetzt der große Moment, ob wir einparken müssen oder weiter können.