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19.08.17 - Cambridge Bay, 69°06,73 N, 105°04,10 W

Vor Anker in Cambridge Bay. Wenn nicht irgendeine andere Yacht an Cambridge Bay vorbeigefahren ist, sind wir die Ersten. Nach dem Ankunftsbier (genau eins für jeden, das letzte aus Grönland – bis USA „dry Country“) folgt der Ankunftsschlaf.

Am frühen Nachmittag raffen wir uns zur Ortsbesichtigung auf, um die Ressourcen zu überprüfen. Zwei Supermärkte mit enttäuschendem Angebot an frischen Waren. Angeblich läge das an dem wegen Nebels für mehrere Tage unterbrochenem Flugverkehr. Internet, angeblich im Visitors Center oder der Bibliothek zu haben, muss warten, denn beide haben am Wochenende zu.

Ganz entzückt sind wir vom lokalen Baumaschinen/LKW Reparaturservice: Ein freundlicher Mechaniker wird zum Freund von Christoph, der sich zum Ziel gesetzt hat, einen gebrochenen Kreuzbolzen (eine Schraube in Form eines lateinischen Kreuzes mit Gewinde an allen vier Enden) zu ersetzen. Ich lerne wahnsinnig viel über geschmiedete und gegossene Formteile, gehärteten Stahl und dessen Eignung zum Einschneiden von Gewinde, den Möglichkeiten des Schweißens von Schrauben und Teilen davon. Zum Glück muss einer noch in den Hardware Store, so dass Ron und Christoph noch drei Stunden gemeinsam in der Werkstatt spielen können.

Der Hardware Store ist eine weitere Station meiner Feldstudie über die Gasflaschen dieser Welt. Am Anfang meiner seglerischen Laufbahn wusste ich um Camping Gaz (für Wohnwagen, Zelte und Marktfrauen) und die anderen Flaschen (für Segler, Gas-Holzkohle-Griller und Marktfrauen), nicht zu vergessen die langatmigen Ausführungen in Segelzeitungen zur Komplexität der Sicherheit von Gasleitungen, den notwendigen Überprüfungen den strengen (=besseren) deutschen Bauvorschriften. Mit dem Verlassen der europäischen Gewässer tat sich aber erst das wahre Problem auf: Die Vielfalt der Anschlüsse.

Komischerweise finden z.B. US amerikanische Gasflaschenhändler europäische Verschlüsse völlig unsicher und unseren auf den Turks & Caicos aus Aluminium handgedrehten Adapter eine Zumutung. Dies wissend hatte ich bereits in Island eine Strategie des „schone die europäische Flasche und nutze die lokalen Ressourcen“ begonnen. Grönland bereisten wir deshalb mit einer isländischen Flasche und einem Adapter des weltweiten Monopolisten „GOK“ aus dem tiefsten Bayern. Mein Versuch, während des Winters zwei europäische Flaschen nach Grönland zu expedieren, scheiterte, obwohl die grönländischen Flaschen aus Dänemark geliefert werden und der Hersteller den europäischen Markt auch mit den „guten“ Flaschen beliefert. Zum Glück wusste die „Gasfachfrau“ (das ist eine Webseite!!!) sofort Bescheid: Bajonettanschluss und Adapterschraube Euro 28,75 – fertig. Leider sind die grönländischen Gasflaschen mit Propan/Butan-Gemisch gefüllt, das in der Arktis günstig sein soll. In unserem Herd aber nicht [N.B. Ein in Alaska erkanntes und abgestelltes Anschlussproblem, läuft jetzt alles bestens.]. Die beiden Flaschen reisen derzeit „zur Not“ mit. Und der Hardware Store in Cambridge Bay hatte Gas! Ich brauchte nur noch einen meiner Adapter finden und die Flasche kaufen. Adapter war überraschenderweise in meinem Depot. Ich durfte die Flasche sogar mit an Bord nehmen und ausprobieren, ob „LPG Petrolgas“ wirklich Propan ist. Hurra, wir können weiter kochen! Wir müssen uns nur etwas mit den Flaschen überlegen, die ungefähr die Größe eine Expeditionsrucksackes haben – zwei europäische, eine isländische, zwei grönländische, eine kanadische. Meine Seele eines geizigen Krämers bringt es nicht über sich, diese Pfandflaschen einfach im Müll zu entsorgen.

Benedict und Jörg verwandten den Nachmittag auf die Suche von Internet und Waschmöglichkeiten. Haben sie in einem Hotel gefunden, allerdings mit der Leistungsfähigkeit etwa so wie über ISDN, dafür aber instabil. Weil es für die Internetnutzung keinen Preis gäbe, mussten wir in dem Hotel zu Abend essen – das schlechteste Essen seit unserer Abfahrt in Grönland. Aber man würde am nächsten Tag unsere Bettwäsche waschen.

Ich hatte wegen des schlechten Essens schlechte Laune und wollte meine Merino-Sportwäsche nicht einer Hotelwäscherei anvertrauen. So lernte ich Cory kennen. Cory ist, wie Ginger von einem „Nachbarboot“ erklärte, ein geschäftstüchtiger „Fixer“ (=organisiert alles). Er stellt in seinem Privathaus seine Waschmaschine gegen „a small fee“ zur Verfügung. Man kann da auch duschen und Spiegeleier bekommen. Außerdem löst er das Internetproblem der Segler durch den Verleih eines Handys, so dass man sich einen Hotspot einrichten kann, gegen „a small fee“. Leider war das Handy gerade ausgeliehen. Schließlich organisiert er frischen Fisch, for „a fair price“.