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22.08.17 - Cambridge Bay, 69°06,73 N, 105°04,10 W

Die Menschen, die wir in Cambridge Bay trafen, sind ausnahmslos freundlich und offen (So erfährt man auch die eine oder andere Story über den Arktiseissegelgroßfachmann Arved Fuchs).

 

Die kanadische Regierung investiert direkt und zahlt Fördermittel, aber nirgendwo hängt jemand orientierungslos herum. Die Stadt wächst. Die Weißen, die hier oben dauerhaft leben, betonen, dass dies kein Platz für Leute sei, die es anderswo nicht geschafft haben. Wegen des Klimas seien die Anforderungen zu hoch. Schlamperei und Unzuverlässigkeit haben gravierendere Folgen, als im Süden. Die Motive hier zu sein, sind meist die Natur (Fischen, Jagen, Kajaken, Hundeschlittenfahren) und die Möglichkeit etwas aufzubauen abseits überregelter Lebensräume – the last frontier. Cambridge Bay sieht auch ein wenig wie eine Westerstadt aus; breite, unbefestigte Straßen, keine Bürgersteige, schmucklose Zweckbauten dort, wo gerade Platz war. Das nicht mehr benötigte Baucamp für das neue Arctic Reseach Center wurde bei unserer Ankunft gerade auf Bargen verladen und zur Goldmine bei Bathurst verschifft …

 

Für die Arktissegler ist Cambridge der Drehpunkt für alle Richtungen. Von Osten aus Russland und aus der Karibik kommend, von Westen aus Asien, dem Pazifik und von der amerikanischen Westküste. Für die Amerikaner ist die NWP eine (noch neue) Möglichkeit, ihren Kontinent zu umfahren. So unterschiedlich wie ihre Linien auf dem Globus sind ihre Schiffe. Die Wilts mit ihrer Reinke, Bart mit unserem Schwesterschiff Tranquilo, die Russen mit einer Sonata Ovni, Manfred mit einer Swan 53, die „Frenchies“ mit ihrer Stahl-Selbstbau-Ketch, das italienische Ehepaar mit Kindern und Hund auf dem Schoner-getackelten Tauchexpeditionsschiff „Le Why“ (es dauerte etwas, bis ich den Slogan „Under the Pole“ verstand). Aber die beste Story hat Jens auf Kigdlua. Kigdlua lag schon zwei Wochen in Resolute Bay, als wir ankamen. Sofort fiel uns die grönländische Flagge am Heck und der Danebrog unter der Backbord Sailing auf. Jens und seine Partnerin haben das Boot „gefunden“. Auf dem Meeresgrund bei Nuuk. Sie haben es gehoben und wieder aufgebaut. Sauber und gepflegt schaute sie uns an.

 

Wer unsere Berichte gelesen und mit dem Gedanken „naja, eine Nacht im Eis und dann das ganze Thema in 36 Stunden abgearbeitet“ zur Seite gelegt hat, kann an Kigdlua Erlebnissen ablesen, wie es auch laufen kann. DieKigdlua hat unmittelbar nach uns in Resolute den Anker aufgenommen, wie wir das dichte Eisfeld in der Mitte des Lancaster Sounds durchquert und wurde ebenso drei Meilen vor der Einfahrt in den Peel Sound gestoppt und vor Limestone Island im Treibeis eingeschlossen. Die Killua konnte sich nach der ersten Nacht jedoch nicht mehr befreien und wurde 19 sm mit dem Eisdrift vertrieben (zum Glück in den Peel Sound). Nach drei Tagen kam die Kigdlua im Packeis frei und konnten sich für die nächsten Tage an einen sicheren Ankerplatz verkrümeln. Sie erreichen Cambridge Bay als wir nach vier Tagen Wartens am Osteingang der Bellot Strait und drei Erholungstagen in Cambridge Bay wieder nach Westen aufbrechen.

 

Wir haben tierisch Schwein gehabt! Unser größtes Problem war der genervte Grundzustand aller Crewmitglieder nach der Warterei in Gascoyne Inlet, Resolute Bay und vor der Bellot Strait.

 

Für uns geht es nach der Rückreise von Jörg, der leider nur begrenzte Zeit dabei sein konnte, mit neuem Wachsystem (3 x 2 Stunden, wenn einer ständig draußen sein muss, fahren wir 3 x 1), keinem Wind und drohendem Sturm von West weiter. Bernhard Harbor ist der Ankerplatz, den wir zum Abwettern ausgesucht haben. Wahrscheinlich bekommen wir noch Gesellschaft von Natua D und Alkahest, die beide auch eher zügig um die Nordwestspitze Alaskas herum wollen. Das sommerliche Wetter birgt die Gefahr, genussvoll die Zeit zu vertrödeln und erst dann durch die Bering Straße zu kommen, wenn man da nicht mehr sein will.