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14.07.17 - Oqaitsut Island, 69°54,50 N 051°16,00 W

Heute „muss“ ich wieder von Segelvergnügen und Eis berichten.

 

Vormittags sind wir unter Code 0 im Atasund immer mit 9 bis 10 Knoten unterwegs gewesen. Rauschefahrt, Fahrtenrausch.

 

Am Ende des Atasund erreicht man den Sermiq Gletscher. Vom Disko Sund von Westen kommend trifft ein anderer Fjord, Torssukatak, ebenfalls auf diesen Gletscher. Zwischen Torsukatak und Atasund gibt es eine reizvolle Verbindung: Die Durchfahrt soll flach sein, so dass bei entsprechendem Wind einige der vom Sermiq abgeschickten Eisberge dort nicht weiter können und die Gefahr besteht, dass man diese Stelle nicht passieren kann. Nachdem wir gestern zwischen den Giganten gekreuzt haben, steht heute also schieben, suchen, drücken auf dem Programm – Eisbrechen für Anfänger. Zudem zeigt die Karte zwar über mehrere Meilen keine einzige Tiefenangabe, in der Engstelle aber eine provozierende „1“. Der zweite Programmpunkt lautet deshalb: Mit 1,50 m Tide und 1,80 Tiefgang über einen 1 m Stein (die Rechnung geht: 1,00 + 1,50 – 1,80 = 0,70, ungefähr eine Handbreit). Der dritte Programmpunkt ist für den Connaisseur: „Antizipative“ Transformation des grönländischen Kartendatums von 18heiniheinzig in WGS 84 (das Problem erkläre ich jetzt nicht, sonst werde ich wieder als langatmig beschimpft).

 

Es kam alles anders: Ja, in der Verbindung zwischen Atasund und Torrssukatak lag Eis herum, aber es war genügend Platz für deutlich größere Schiffe. Die Tiefenangabe von 1 m ist wahrscheinlich ein Fehler bei der Übertragung von Fliegendreck in die digitalisierte Karte, wir konnten jedenfalls keine Tiefe von weniger als 25 Meter feststellen. Mag sein, dass wir das der von uns (?) entwickelten „inversen Eislotung“ verdanken („Wo ein Eisberg mit mindesten 5 Meter Höhe über Wasser liegt, ist rechts und links für uns genug Tiefe“). Der Weg war selbsterklärend: 40 Seemeilen Nord durch den Atasund, wenn’s eng wird am Seezeichen links in den Torssukatak. So einfach ist das hier.

 

Dann kam aber erst der richtige Spaß: Wegen des seit Tagen anhaltenden Ostwindes war die westliche Hälfte des Torssukatak im wesentlichen eine geschlossene Fläche von Eisbergen und Brucheis. Aber Morning Haze „macht den Weg frei“ – alles, was nicht größer als ein SUV ist, kann man beiseite schieben. So ging es munter durchs Eis. Und in der Tat: Mühsam, maximale Aufmerksamkeit nötig, aber großes Jungensspiel. Vor Anker führte das Nachlassen der Anspannung zu unmittelbarem Schlafbedürfnis.