27.08.27 - Passage, 70°04,70 N 136°42,44 W
Nach der Rundung von Cape Bathurst heute morgen haben wir der kanadischen Gebietsaufsicht NORDGREG als Ziel den letzten Ankerplatz auf kanadischer Seite angegeben, Herschel Island, eine verlassene Walfängerstation. Unser wahres Ziel ist aber Demarcation Bay, 40 sm weiter im Osten, schon in den USA. Eine schöne, geschützte Ankerbucht und etwas weniger platt vorm Laken zu erreichen.
Ganz freudig haben wir bereits die Border Control in Nome über unser baldige Einreise an dieser menschenleeren Grenze informiert, als der Wettergott anfing zu obstruieren. Starker Westwind (40+) deutete sich an. Im Laufe des Tages und mit den NOAA Wetterupdates wurde aus der Chance Gewissheit. Nicht ganz überraschend, denn die Wettersysteme laufen hier oben von West nach Ost, hat sich der Wind eben ein wenig beeilt. Das gab ihm die Chance, dass er vor uns an Demarcation Bay ankommt und uns so die Einfahrt in diesen sicheren Ankerplatz „erschwert“.
Aus der Traum vom ganz schlanken Schuh. Halse und direkter Kurs auf Herschel Island. Seit Ankerauf in Summer’s Harbour werden wir über 300 sm in weniger als zwei Tagen gesegelt sein, ein sauberer Schlag. Seit Cambridge haben wir dann über 800 sm zurückgelegt. Ankunft morgen, zum Frühstück. Mittlerer Wind stressfrei.
Es gibt bei mir beim Segeln so ein komisches Gefühl. Das habe ich immer, wenn ich die Situation ändern will. Es ist dieses Gefühl, wie wenn man über das Reffen nachdenkt – dann sollte man es sofort tun. Ich muss mich zwingen, meinen beiden Mitseglern rational zu erklären, warum ich etwas ändern will. Meist kann man ja durchaus noch abwarten und die Entscheidung nach hinten verschieben. Ich kann dann aber nicht mehr ruhig sitzen.
Dann meldete sich Nauta D per Mail. Die waren, als wir bei Starkwind aufkreuzten, weit nach Norden abgelaufen und hatten jetzt eine Position mehr als sechzig Meilen weiter nördlich als wir. Von dort wollten sie gerade, also auf dem Breitengrad, direkt nach Point Barrow; der kürzeste Weg. Wegen Treibeis mussten sie doch wieder nach Süden und kommen jetzt auch nach Herschel Island. Hoffentlich rechtzeitig, bevor es kracht.
Nachdem ich entschieden hatte, direkt nach Herschel Island zu segeln, lief das Boot ruhiger (und schneller), der Wetterbericht änderte sich weiter zu unseren Lasten.
Aber ich wandere nicht mehr wie ein gefangener Tiger durch’s Boot, sondern weiß, dass wir vorbereitet sind.